Letzte Änderung 17. Dezember 2024
Odeceixe am Ribeira de Seixe

Odeceixe ist die nordwestlichste Stadt der Algarve und hat ca. 1000 Einwohner. Der Ortskern liegt am Südufer des Flusses Ribeira de Seixe und erstreckt sich über den Nordhang und den Rücken des Serro da Igreja [deutsch: Kirchhügel].
Die Stadt wurde wahrscheinlich von den Mauren gegründet und existierte bereits im Mittelalter. Ursprünglich hieß sie Ceixe [arabisch: sayh, deutsch: Flusslauf]. Das Erdbeben vom 1. November 1755, eine der verheerendsten Naturkatastrophen der europäischen Geschichte, zerstörte die Stadt ebenso wie die Hauptstadt Lissabon.
Heute ist der Tourismus neben der Landwirtschaft, die vor allem in den Flussauen betrieben wird, der wichtigste Wirtschaftszweig. Angebaut werden Süßkartoffeln, Mais und Erdnüsse. Die Stadt lebt von den Wanderern auf dem Fischerpfad.


Der Ribeira de Seixe entspringt in der Serra de Monchique, einem Gebirgszug im Westen der Algarve, und mündet drei Kilometer westlich von Odeceixe in den Atlantik.Über die Brücke bei Odeceixe [portug.: Ponte de Odeceixe] führt die Nationalstraße 120, die wichtigste Nord-Süd-Achse an der Westküste Portugals, die Lissabon mit Lagos und den Alentejo mit der Algarve verbindet.

Der Largo 1 de Maio [deutsch: Platz des 1. Mai] ist das Zentrum von Odeceixe und ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Wanderer, deren Etappe hier endet. Der Platz mit seinen Restaurants und Cafés ist den ganzen Tag über belebt.
Charakteristisch für Odeceixe sind die engen Gassen, die steilen Treppen und das Kopfsteinpflaster. Die weiß getünchten Häuser mit den roten Dächern sind mit Blumen geschmückt.



Nossa Senhora da Piedad
Die Pfarrkirche Nossa Senhora da Piedade [deutsch: Unsere Liebe Frau der Barmherzigkeit] in Odeceixe wurde zwischen dem frühen 14. und dem späten 15. Jh. in den Hang des heutigen Kirchhügels gebaut. Nach zahlreichen Restaurierungen im Laufe der Jahre sind noch deutliche Spuren aus der Zeit von König João II. (1455-1495) zu erkennen. João II. war ein großer Förderer der Entdeckungsreisen im Atlantik, wobei er der Suche nach einem Seeweg nach Indien Priorität einräumte.
Es wird vermutet, dass die Erweiterungen der Kirche zwischen dem 16. und dem frühen 17. Jahrhundert die Ausmaße des heutigen Gebäudes bestimmt haben.




Wahrzeichen Windmühle
Die Windmühle [portug,: Moinho de Vento de Odeceixe] auf dem Gipfel des Kirchhügels ist das Wahrzeichen der Stadt und findet sich auch im Stadtwappen wieder.

(Quelle: Wikimedia Commons)
In der traditionellen mediterranen Windmühle wird interessierten Besuchern gezeigt, wie hier früher Getreide gemahlen wurde. Die 1898 erbaute Mühle wurde zwischen 1998 und 2000 restauriert und in ein Museum umgewandelt.
Von der Mühle aus hat man einen herrlichen Panoramablick über die Stadt und das Flusstal Ribeira de Seixe.



Die Industrie des Feuers [1]
Von der Mühle aus blickt man auch auf einen abgebrannten Hügel. Wie nahe das Feuer den Häusern auf dem Kirchberg gekommen ist, kann man an einer Terrasse erkennen. Die hölzerne Konstruktion konnte gerettet werden. Das Bäumchen auf der Balkonbrüstung hingegen verkohlte in der Gluthitze.


Anfang August 2023 herrschte in weiten Teilen Portugals wegen einer Rekordhitze Alarmstufe Rot. Die benachbarten Hügel des Kirchhügels von Odeceixe wurden durch ein Feuer zerstört, das am Samstag, den 5. August 2023 in São Teotónio in der Region Alentejo ausbrach. Es wird vermutet, dass das Feuer durch einen Gaskocher während eines Picknicks in einem Park verursacht wurde.
Bei Lufttemperaturen von 33°C im Schatten und Windgeschwindigkeiten von 16 km/h erreichte das Feuer am Nachmittag desselben Tages den nördlichen Rand von Odeceixe. Bis zum Abend hatte es bereits 7.000 Hektar zerstört. Am nächsten Tag kam das Feuer den ersten Häusern im Ortskern gefährlich nahe und hatte ihn am Montag vollständig in Flammen gehüllt. Den örtlichen Feuerwehren [portug. Bombeiros], den Löschflugzeugen und dem Einsatz der Bevölkerung ist es zu verdanken, dass die Häuser im Ortskern gerettet werden konnten.
Die Brände erstreckten sich über 50 Kilometer und zerstörten mehr als 10.000 Hektar Land. 1.500 Menschen mussten umgesiedelt, 20 Siedlungen und ein Campingplatz evakuiert werden. Ausgedehnte Kiefernwälder und Mischbestände aus Eukalyptus, Korkeichen, Erdbeerbäumen und Sträuchern wurden vernichtet. Eine Woche lang waren zeitweise 1100 Feuerwehrleute mit 360 Fahrzeugen und 15 Löschflugzeugen bzw. Hubschraubern im Einsatz, bis die Brände gelöscht waren. [2]
Nicht nur die zunehmende Sommerhitze als Folge der CO2-Belastung der Erdatmosphäre durch die ungebremste Verbrennung fossiler Energieträger führt in Portugal zu verheerenden Bränden. Die industrielle Produktion von Frühstücksbeeren mit ihrem ungebremsten Wasserverbrauch beschleunigt die Austrocknung von Böden und Bäumen im Naturpark Südwestlicher Alentejo und Costa Vicentina.
Die eigentlichen Brandbeschleuniger in Portugal aber sind die dort kultivierten Eukalyptusbäume. Sie trocknen nicht nur die Böden in der Tiefe aus, sondern brennen wie haushohe Fackeln und heizen die riesigen Feuer an, denn ihr Öl brennt schneller als Diesel. Unglücklicherweise überleben ihre Wurzeln das Inferno und aus den verkohlten Stümpfen sprießen bald wieder neue Triebe. Ihre Samenschalen sind feuerfest. Hitze und Rauch sind sogar notwendig, um sie zu öffnen und die Samen freizugeben.
Der Eukalyptus ist gefährlicher als andere Bäume. Die Blätter und die Rinde sind leicht entzündlich, Rindenstreifen hängen von den Stämmen ab und werden vom Wind getragen, wodurch sich die Flammen ausbreiten.“
João Branco, Präsident der Umweltkampagnengruppe Quercus [3]
Aufgrund ihres schnellen Wachstums wurden Eukalyptusbäume Ende des 19. Jahrhunderts in Portugal eingeführt. Die Aufforstung der invasiven Eukalyptusbäume aus Australien wurde von der Europäischen Union gefördert, nachdem Portugal ihr 1986 beigetreten war [4]. Ein Viertel der Waldflächen Portugals sind heute bereits damit bedeckt. [5] Ihr Holz ist ein wichtiger Rohstoff für die portugiesische Papierindustrie, dem drittgrößten Zellstoffproduzenten Europas [6], um daraus Druckpapier, Toilettenpapier, Küchenrollen, Pappbecher und Verpackungsmaterial herzustellen. Wie bei der Beerenproduktion profitieren davon einige wenige Konzerne, wie z.B. The Navigator Company, Altri und Renova [7]. Mit markanten Worten und schönen Bildern präsentieren sie sich als Umweltschützer.
CREATING VALUE, PLANTING THE FUTURE.
The Navigator Company [8]
Spätestens wenn Ihr Wald abbrennt, verdienen Sie damit kein Geld mehr.
Hansjörg Küster, Professor für Geobotanik [9]
Sonnenuntergang





Quellenangaben
[1] vgl. Titel in: Eberhard Fedtke und Ana Carla Gomes Fedtke: Lust auf Feuer-Infernos? Berlin. 2. März 2018. aus: Deutsch-Portugiesische Gesellschaft (DPG). URL: https://dpg.berlin/lust-auf-feuer-infernos/ (Abgerufen: 14. Juli 2024, 7:13 UTC)
[2] vgl. Algarve Guide: Brand nördlich von Odeceixe, Odemira (aktualisiert). 14. August 2023. URL: https://algarve.guide/brand-feuer-odeceixe-odemira/ (Abgerufen: 11. Juli 2024, 11:10 UTC)
[3] zitiert nach: Paul Luckman: Eukalyptusbäume – Freund oder Feind für Portugal? 24. November 2023. in: The Portugal News. URL: https://www.theportugalnews.com/de/nachrichten/2023-11-24/eukalyptusbaume-freund-oder-feind-fur-portugal/83560 (Abgerufen: 11. Juli 2024, 21:06 UTC)
[4] vgl. Sebastian Eder: „Warum die EU das gefördert hat, verstehe ich nicht“. 21. Juni 2017. in: Frankfurter Allgemeine. URL: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/waldbraende-in-portugal-warum-die-eu-das-gefoerdert-hat-verstehe-ich-nicht-15069164.html (Abgerufen: 17. Juli 2024, 7:44 UTC)
[5] vgl. Video: Brandgefährlich: Unsere Papierverschwendung!. 18. Juli 2022. in: ARD Mediathek – Campus DOKU – ARD Alpha. URL: https://www.ardmediathek.de/video/campus-doku/brandgefaehrlich-unsere-papierverschwendung/ard-alpha/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvLzdjNmJiYWRhLTQxMzYtNGUyNC05MzM0LWM1OTYzYzY2ZDU5Mg (Abgerufen: 14. Juli 2024, 6:55 UTC)
[6] vgl. Davide Mancini (Übersetzung Angela Eumann): Portugal und der Fluch der Eukalyptusbäume. 29. November 2023. in: voxeurop deutsch. URL: https://voxeurop.eu/de/portugal-fluch-brand-eukalyptusbaume/ (Abgerufen: 17. Juli 2024, 7:35 UTC)
[7] vgl. Paul Luckman: Eukalyptusbäume – Freund oder Feind für Portugal?
[8] zitiert nach: The Navigator Company > Investors > Annual Report 2023. URL: https://en.thenavigatorcompany.com/annual-report-2023 (Abgerufen: 11. Juli 2024, 22:14 UTC)
[9] zitiert nach ebd.: Sebastian Eder: „Warum die EU das gefördert hat, verstehe ich nicht“.