Letzte Änderung 27. November 2025
Für Wanderer auf dem Fischerpfad ist Aljezur nicht nur ein Etappenziel, sondern ein strategischer Knotenpunkt voller Geschichte. Die Kleinstadt besticht durch ihre einzigartige Zweiteilung: Auf der einen Seite des Flusses Ribeira de Aljezur klammert sich die mittelalterliche Altstadt mit ihren weiß getünchten Häusern an den Hang unterhalb der maurischen Burgruine, auf der anderen Seite lädt die Neustadt aus dem 18. Jahrhundert zum Verweilen ein.
Die Geschichte der Zweiteilung von Aljezur
Der Name und die islamische Gründung
Der Name „Aljezur“ leitet sich vom arabischen Begriff „Al-Yuzur“ ab, was so viel wie „die Inseln“ bedeutet. Dieser Name beschreibt die geografische Lage im 10. Jahrhundert perfekt: Damals war der Ribeira de Aljezur noch breit und schiffbar. Die Siedlung lag auf einer Landzunge, die vom Wasser umspült wurde, und fungierte als bedeutender Flusshafen. Südwärts bis Lagos war er der einzige natürliche Hafen entlang zerklüfteten Atlantikküste. Dadurch konnte sich die Stadt zu einem wichtigen Handelszentrum der Region entwickeln. Die Handelskontakte reichten im Norden bis nach Flandern, vor allem aber nach Tavira und Lissabon in Kastilien. Dabei spielten Tuche, getrocknete Früchte, Honig, Olivenöl, Gewürze und Heilmittel eine wichtige Rolle.
Während der fünf Jahrhunderte andauernden maurischen Herrschaft blühte die im Schutz der Burg liegende heutige Altstadt auf. Sie war ein Umschlagplatz für landwirtschaftliche Güter, und die heute noch sichtbaren Zisternen und Bewässerungssysteme zeugen von der fortschrittlichen Agrartechnik jener Zeit.
Die christliche Ära und das Goldene Zeitalter
Nach der christlichen Rückeroberung 1249 fiel die Stadt an den Santiagoorden. König Dinis I verlieh Aljezur im Jahr 1280 das erste Stadtrecht, um die Besiedlung in dieser abgelegenen Region zu fördern. Im 15. und frühen 16. Jahrhundert erlebte Aljezur eine wirtschaftliche Blütezeit. König Manuel I. erneuerte das Stadtrecht 1504. Die Stadt produzierte Weizen, Feigen und Textilien für den Export. Doch schon in dieser Phase begann ein schleichendes Problem: Der Fluss versandete zunehmend, Schiffe konnten den Hafen nicht mehr anlaufen, und die stehenden Gewässer begünstigten die Ausbreitung von Malaria.
Der Ribeira de Aljezur mündet etwa sechs Kilometer nordwestlich von Aljezur am Praia da Amoreira in den Atlantik.
Das Erdbeben von 1755 und der Bischof
Das große Erdbeben von Lissabon am 1. November 1755 markierte den dramatischsten Wendepunkt in der Stadtgeschichte. Das Beben zerstörte einen Großteil der mittelalterlichen Häuser am Burgberg und die Pfarrkirche. Was folgte, war ein radikaler Schnitt, initiiert durch Bischof Francisco Gomes do Avelar. Angesichts der Zerstörung und der grassierenden Malaria im sumpfigen Tal ordnete der Bischof Ende des 18. Jahrhunderts an, die Stadt zu verlegen.
Er ließ auf der gesünderen gegenüberliegenden östlichen Seite des Flusses die Kirche Igreja Matriz de Nossa Senhora da Alva [deutsch: Unserer Lieben Frau von der Morgenröte] errichten und forderte die Bevölkerung auf, umzuziehen. Dies stieß auf Widerstand. Viele Bewohner wollten ihre angestammten Häuser im Schatten der Burg nicht verlassen. So entstand die bis heute sichtbare Zweiteilung Aljezurs:
Die Altstadt unterhalb der Burg
Von der Markhalle aus folgt man der Straße [portugiesisch:Rua] „João Dias Mendes“ den Hügel hinauf und entdeckt am Haus Nummer 16 eine Wandmalerei mit einer Bohrinsel und den Inschriften:
NÃO AO FURO!
Ricardo Toa (tota.arte)
[deutsch: Nein zur Bohrung!]
NO TO OIL
SIM AO FUTURO
[deutsch: Ja zur Zukunft]
YES TO THE FUTURE
Die Wandmalerei vom 31. August 2018 stammt von dem Graffiti-Künstler Ricardo Toa (tota.arte). Er schuf sie im Anschluss an eine Aerial Art Action von 800 Menschen, die sich 4. August 2018 versammelten, um kreativ gegen die geplante Öl- und Gasförderung in Aljezur zu protestieren und Alternativen für eine regenerative Zukunft abseits fossiler Brennstoffe aufzuzeigen:
Organisiert wurde die Aktion u.a. durch die Lebensgemeinschaft Tamera.
Von 2017 bis 2019 waren wir Teil einer Kampagne portugiesischer Umweltaktivistengruppen, die sich für die Aufhebung aller Verträge zur Förderung fossiler Brennstoffe in Portugal einsetzten. Die Kampagne war erfolgreich. Im Jahr 2015 hatte die portugiesische Regierung 15 Öl- und Gasbohrverträge mit verschiedenen Unternehmen abgeschlossen, sowohl offshore als auch an Land. Bis September 2020 waren alle Verträge aufgrund des Widerstands der Bevölkerung gekündigt worden oder ausgelaufen.
TAMERA, Healing Biotope 1, Monte do Cerro, 7630-392 Relíquias, Portugal: Parar o Furo – Stop the Oil Drilling ©2020 (Übersetzung: Deepl Translate)
Großmeister des Santiagoordens
Die Neustadt auf der östlichen Flussseite
Unserer Lieben Frau von der Morgenröte
Die Pfarrkirche Igreja Matriz de Nossa Senhora da Alva wurde 1809 eingeweiht, um die alte Pfarrkirche aus dem 13. Jh.auf dem Burghügel zu ersetzen, die durch das Erdbeben von 1755 zerstört worden war.
Das im neoklassizistischen Stil erbaute Gebäude zeichnet sich durch sein Inneres aus, das aus drei Schiffen, einem Querschiff, einem tiefen Apsis-Chor, flankiert von zwei rechteckigen Seitenkapellen und seitlichen Kapellen, die ebenfalls einen Apsis-Grundriss aufweisen und an eine kleine Kathedrale erinnern.
Danke euch Allen
Bis zum nächsten Mal
Aljezur in der Moderne
Im 19. und 20. Jh. wandelte sich Aljezur zu einer rein landwirtschaftlichen Gemeinde. Die Region wurde berühmt für den Anbau der Süßkartoffel, die aufgrund der besonderen Bodenbeschaffenheit als die beste Portugals gilt und heute eine geschützte geografische Angabe (g.g.A.) besitzt. Lange Zeit isoliert und wirtschaftlich schwach, entdeckte Aljezur in den letzten Jahrzehnten den sanften Tourismus. Als Teil des Naturparks Naturpark Südwest-Alentejo und Costa Vicentina zieht die Stadt heute Wanderer, Surfer und Naturliebhaber an, die die unberührten Strände wie Arrifana oder Amoreira schätzen. Die Stadt hat es geschafft, ihre doppelte Identität zu bewahren – als Brücke zwischen der maurischen Vergangenheit und der modernen Algarve.
Die Burg von Aljezur
Die Burg von Aljezur (Castelo de Aljezur) thront auf einem strategisch günstigen Hügel und blickt auf eine lange, vielschichtige Geschichte zurück. Als Symbol der militärischen Architektur des islamischen Al-Andalus zeugt sie von den jahrhundertelangen Konflikten und dem kulturellen Wandel im Süden Portugals.
Frühe Ursprünge und Antike
Obwohl die heute sichtbaren Ruinen vornehmlich mittelalterlichen Ursprungs sind, reicht die menschliche Nutzung des Burgbergs viel weiter zurück. Archäologische Ausgrabungen haben Spuren freigelegt, die bis in die Bronze- und Eisenzeit datieren. Der Hügel bot eine natürliche Verteidigungsposition und einen idealen Überblick über das Tal. Später nutzten auch die Römer und Westgoten den Ort als Wachposten, um die fruchtbaren Ländereien und den damals noch schiffbaren Fluss zu kontrollieren.
Die maurische Epoche (10. – 13. Jh.)
Die eigentliche Festung, deren Grundriss wir heute kennen, wurde im 10. Jahrhundert während der maurischen Herrschaft errichtet. Unter der Berber-Dynastie der Almoraviden und später der Almohaden wurde die Anlage im 11. und 12. Jahrhundert massiv ausgebaut. Sie diente als wichtiger Teil des Verteidigungssystems der Region Silves. Zu dieser Zeit war der Fluss noch tief genug, um als wichtiger Handelsweg zu fungieren. Schiffe konnten vom Atlantik bis zum Fuß der Burg fahren, was Aljezur zu einem bedeutenden Binnenhafen machte. Die Burg schützte diesen wirtschaftlichen Knotenpunkt und die landwirtschaftlichen Erträge der Umgebung.
Die christliche Rückeroberung
Das entscheidende Wendepunkt in der Geschichte der Burg kam im Jahr 1249. Im Zuge der Reconquista wurde Aljezur als eine der letzten maurischen Bastionen an der Algarve von den Christen eingenommen. Unter der Führung von Paio Peres Correia, dem Großmeister des Santiagoordens, eroberten Truppen von König Afonso III. die Festung. Um dieses Ereignis rankt sich bis heute die Legende von Mareares.
Dieser Legende zufolge konnten die Portugiesen die Burg von Aljezur im 13. Jahrhundert dank einer maurischen Dame zurückerobern, die ihrem geliebten Mann, der Portugiese war, bei der Rückeroberung ihrer Burg half.
Der Name dieser Dame war Maira und wird den Einwohnern, die diese Legende auswendig kennen, immer in Erinnerung bleiben. Sie war in einen Soldaten der portugiesischen Armee verliebt und erzählte ihm deshalb, dass ihr Volk eine alte Tradition hatte, die sie für einige Stunden von der Burg fernhielt.
Sie erzählte ihrem Geliebten, dass die Mauren am Morgen des 24. Juni die Burg verlassen würden, da sie jedes Jahr an diesem Morgen in Praia da Amoreira baden würden und die Burg dann fast leer und ungeschützt sei.
Aufgrund dieser Informationen schmiedete die portugiesische Armee einen Plan, um die Mauren zu besiegen und die Burg einzunehmen. In der Nacht versteckten sie sich in den Wäldern in der Nähe der Burg und warteten ab, ob die Mauren die Burg verlassen würden, was sie dann auch taten, wie die Dame ihnen sagte.
Es wird erzählt, dass ein Kind die Truppen auf die Burg zukommen sah und es seiner Großmutter erzählte, die sagte, das sei nicht möglich. Nach einer Weile sah sie sie und versuchte, Alarm zu schlagen, aber es war zu spät für sie, denn sie wurde erschossen.
Darauf schlugen die Christen selbst Alarm, um die Gegner anzulocken und zu umzingeln, so dass sie keine andere Wahl hatten, als sich zu ergeben. Als die Glocken läuteten, kamen die Muslime schnell herbei, um zu sehen, was los war, und um zu kämpfen, aber die Christen hatten bereits einen Hinterhalt vorbereitet, der für die Muslime zu einem Blutbad führte. Nach dieser alten Legende übernahmen die Portugiesen auf diese Weise die Burg.
Nach der Eroberung ging die Burg in den Besitz des Santiagoordens über, und der Konflikt um die Algarve wurde schließlich 1267 im Vertrag von Badajoz endgültig zugunsten Portugals beigelegt.
Niedergang und Verfall
In den folgenden Jahrhunderten verlor die Burg langsam an militärischer Bedeutung. Ein Hauptgrund war geologischer Natur: Der Fluss versandete zunehmend, sodass der Hafen nicht mehr angelaufen werden konnte. Ohne den strategischen Wert des Hafens wurde die Festung obsolet. Bereits im 15. und 16. Jahrhundert wurde sie weitgehend aufgegeben, und die Bevölkerung begann, die Steine für den Bau ihrer eigenen Häuser im Tal zu nutzen.
Das Erdbeben und die Moderne
Das verheerende Erdbeben von Lissabon im Jahr 1755 versetzte der ohnehin verfallenden Anlage den Todesstoß. Die Erschütterungen zerstörten große Teile der Mauern und Türme sowie die darunterliegende mittelalterliche Ortschaft. Erst im 20. Jahrhundert, anlässlich der nationalen Hundertjahrfeiern 1940/1941, wurden Restaurierungsarbeiten durchgeführt, die Teile der Mauern und Türme wiederherstellten. Heute ist die Burg als Eigentum von öffentlichem Interesse klassifiziert und bietet Besuchern einen spektakulären Panoramablick über die Costa Vicentina.